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Enerige & Management > Österreich - Regierung beschließt „Carbon-Management-Strategie“
Quelle: Fotolia / bluedesign
ÖSTERREICH:
Regierung beschließt „Carbon-Management-Strategie“
Geplant ist vor allem, das seit Ende 2011 geltende das Verbot der kommerziellen CO2-Speicherung aufzuheben. Langfristig sind auch CO2-Exporte per Pipeline eine Option.
 
Österreichs Bundesregierung beschloss in ihrer Sitzung am 26. Juni ihre „Carbon-Management-Strategie“ (CMS), die sich im Wesentlichen mit der Behandlung unvermeidbarer CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen befasst. Ausgearbeitet wurde die Strategie vom Finanzministerium, das für Bergbau und damit auch für die unterirdische CO2-Speicherung (CCS) zuständig ist, unter Einbindung des Energieministeriums.

Derzeit sind kommerzielle CCS-Projekte aufgrund des „Bundesgesetzes über das Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid“ vom Dezember 2011 untersagt. Zulässig sind lediglich Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von weniger als 100.000 Tonnen. Allerdings geht die Bundesregierung davon aus, dass die energetischen und prozessbedingten CO2-Emissionen der Industrie im Jahr 2040 je nach Szenario noch rund 4,4 bis 12,1 Millionen Tonnen pro Jahr betragen werden. Zum Vergleich: Derzeit liegen die jährlichen Gesamtemissionen Österreichs an CO2 laut Berechnungen des Umweltbundesamts bei 69 Millionen Tonnen pro Jahr. Indessen will das Land bis 2040 zumindest bilanziell den Status der „Klimaneutralität“ erreichen.

Im Vortrag Finanzminister Magnus Brunners von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewesslers (Grüne) heißt es daher, die Republik werde „mit einem Rest an schwer beziehungsweise nicht vermeidbaren Emissionen – so genannten ‚Hard-to-abate‘-Emissionen – umgehen müssen.“ Zu diesem Zweck empfehle auch der Weltklimabeirat IPCC unter anderem großvolumige CCS-Projekte. Solche sollen folglich künftig auch in Österreich zulässig sein.

Weiters empfiehlt die CMS die Schaffung eines Rechtsrahmens für die stoffliche Nutzung von CO2 aus Kraftwerks- und Industrieabgasen (Carbon Capture and Utilization, CCU) sowie sowie für die „Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch technische oder natur-basierte Verfahren“ (Carbon Dioxide Removal, CDR). Laut dem Evaluierungsbericht des Finanzministeriums zu CCS, den die Regierung am 26. Juni ebenfalls zur Kenntnis nahm, wäre der Beschluss von Rechtsgrundlagen für kommerzielle CCS-Projekte „bis Mitte 2025 möglich. Das für das Bergwesen zuständige Ressort hat bereits mit grundsätzlichen systemischen Überlegungen begonnen.“

Unsichere Potenziale

Aktuelle Schätzungen hinsichtlich der CCS-Potenziale in Österreich gibt es nicht. Laut einer Studie aus dem Jahr 2006, auf die im Evaluierungsbericht verwiesen wird, könnten sie sich auf 450 bis 500 Millionen Tonnen belaufen. Eine neue Untersuchung soll im August abgeschlossen und im dritten Quartal dieses Jahres veröffentlicht werden. Der CMS selbst zufolge stehen grundsätzlich drei Speichermöglichkeiten zur Verfügung: heimische Kohlenwasserstofffelder (KW-Felder), heimische salinare Aquifere sowie Speicherstätten (KW-Felder und salinare Aquifere) im europäischen Ausland.

Die Kapazität der „heimischen KW-Felder“, also primär Gaslagerstätten, beziffert die Bundesregierung in der CMS mit 150 bis 250 Millionen Tonnen, die voraussichtliche Einspeicherrate mit etwa 6 Millionen Tonnen pro Jahr. Zur Verfügung stehen könnte diese Möglichkeit bereits ab 2030. Die salinaren Aquifere, tiefe, salzwasserhältige Gesteinsschichten, sind in Österreich noch kaum erforscht. Dennoch sieht die CMS vor, sie „zwischen 2030 und 2040“ für die CO2-Speicherung zu nutzen. Der Export von CO2-Mengen über entsprechende Pipelines gilt für die Zeit ab „2040/2050“ als realistisch.

Mehrfach ausdrücklich festgehalten wird in der CMS allerdings, dass die Vermeidung von CO2-Emissionen mittels Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz für Österreichs „Klimaneutralität“ weiterhin Priorität haben. Dies wird als „Mitigation/Energy Efficiency first-Prinzip“ bezeichnet. Finanzminister Brunner konstatierte in einer Aussendung: „Im Vordergrund steht das Vermeiden und Einsparen von CO2. Aber wir müssen alle Technologien im Auge behalten. Daher muss auch das Speichern, Transportieren und Wiederverwerten von CO2 möglich sein. Die Speicherung, die Nutzung und der Transport von CO2 sind zentrale Innovationsthemen, leisten einen Beitrag zum Klimaschutz und sind für unseren Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort essentiell.“

Zu bemerken bleibt, dass die CMS als einziger Tagesordnungspunkt am 26. Juni in Form eines Umlaufbeschlusses gebilligt wurde, also ohne persönliche Anwesenheit der Regierungsmitglieder im Bundeskanzleramt. Ob dies mit dem Regierungskrach um die Zustimmung Energieministerin Gewesslers zum „EU-Renaturierungsgesetz“ am 17. Juni zusammenhängt, das die ÖVP vehement ablehnt, ist nicht bekannt.

Verfügbar ist die Strategie auf der Website des Ministerrates .
 

Klaus Fischer
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Freitag, 28.06.2024, 10:21 Uhr

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